Dienstag, 2. November 2010

Die Sterne @ 59:1, 01.11.2010

Wie klingt das neue Disco-Zeug live? Wie passt das zusammen mit den alten Sachen? Wer sitzt jetzt an der Orgel? Alles brennende Fragen, auf dir wir ziemlich genau vor einem Jahr Antworten bekommen wollten – und nicht bekommen sollten: ausverkauft. Hatten wir uns schon fast gedacht, so eine große Band in so einem kleinen Schuppen.

Zum Glück brauchen auch die Herren Sterne Geld zum Leben und spielten diesen Montag gleich nochmal in München, gleich nochmal im 59:1, dem – weil so schön klein – besten Konzertsaal Münchens. Karten diesmal rechtzeitig vorbestellt und rein in das Vergnügen.

Und was für eins! So gut gelaunt hatte ich die Sterne noch nie erlebt. Auf Frank Spilker war zwar in Sachen Kommunikation mit dem Publikum immer Verlass, so richtig begeistert – liegt es an München? – kam das dann aber doch nie rüber. Heute ist die ganze Band wie ausgewechselt: Christoph Leich bearbeitet sein Schlagzeug mit Dauergrinsen, Thomas Wenzel lässt sich zu kleinen Showeinlagen verführen und „der Neue“ bzw. die Tour-Zwischenlösung an den Tasten (Taco van Hettinga, der auch schon Fettes Brot live begleitet hat), strahlt ebenfalls die ganze Zeit ob seiner neuen Beschäftigung.

Das Konzert beginnt, konsequent, wie man die Sterne kennt, mit drei neuen, discoiden Stücken, danach geht es fröhlich im Wechsel zwischen alten und neuen Sachen weiter. Beides wird vom Publikum freundlich aufgenommen, auch wenn erst so richtig Stimmung aufkommt, als Spilker die Bühne verlässt und im Publikum singt …und verschwindet. Als der Rest der Band schon rätselt, ob das Konzert ohne Sänger überhaupt weitergehen könne, taucht er allerdings wieder auf, und die Party kann weiter- bzw. erst richtig losgehen.

Das Disco-Ding funktioniert, und man realisiert wieder einmal, dass die Sterne schon immer den Groove gebucht hatten. „Deine Pläne“, „Life in Quiz“, „Convenience Shop“ „Nach Fest kommt Lose“, „Depressionen aus der Hölle“, „Gib Mir Die Kraft“, fast das komplette neue Album wird gespielt. Die Gitarre kommt allerdings auch nicht zu kurz, wobei Gitarrensoli, wie Spilker anmerkt, ironisch zu verstehen sind, man solle ihm mal den Monitor lauter drehen, damit er auch selbst drüber lachen könne. In ungefähr gleichem Verhältnis werden also auch die alten Gassenhauer dargeboten – damit die Kunden auch zufrieden nach Hause gehen könnten – und mit „Universal Tellerwäscher“, „Was hat dich bloß so ruiniert“, einer ausufernden Version von „Fickt das System“, „Wahr ist was wahr ist“ und „Aber andererseits“ (als einziges vom letzten Album) wird auch wirklich niemand enttäuscht. Leicht ironisch sind wohl auch die Tanzbewegungen Spilkers, der ja nun die Hälfte des Konzerts nur mit Mikro bestreitet, zu verstehen; die Sterne nehmen sich jedenfalls angenehm unernst.

Vor der zweiten Zugabe meint die Band, dass sie zwar noch spielen wolle, aber „diese Dienstleistungsveranstaltung“ gerne beenden würde und wie man das nun anstellen könne, die Bühne sei zu klein für alle. „Nur die Raucher“ ruft da einer und – obwohl Spilker keine plumpe Raucher-Demo möchte – entern für die letzten beiden Stücke die Raucher die Bühne und zünden sich eine an. „Stadt der Reichen“ wird zum Call-and-Response („In der Stadt der Reichen“ singen diejenigen auf der Bühne, „liegen tausend Leichen“ antwortet das restliche Publikum) und mit einem rührseligen „Wenn dir St. Pauli auf den Geist fällt“ wird das Publikum voller Glückseligkeit in die Nacht entlassen. Die Sterne selbst scheinen nicht weniger glückselig; die Band scheint überaus zufrieden mit ihrer Neuerfindung, und das zu Recht.

-> http://www.diesterne.de/

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